Wohnkosten: Umzug nicht erzwingen

Grüne und LINKE im Kreistag wollen mehr Spielraum für Jobcenter-Mitarbeiter bei Entscheidungen zu Kosten der Unterkunft

Wohnkosten werden bei LeistungsbezieherInnen von Arbeitslosengeld II (ALG II) von den Jobcentern nur anerkannt und finanziert, sofern sie ‚angemessen‘ sind. Ist die Wohnung teurer, müssen nach aktueller Geschäftsanweisung des Landkreises die LeistungsbezieherInnen dazu aufgefordert werden, die Wohnkosten zu senken beziehungsweise umzuziehen. Die Kosten für einen Umzug stehen jedoch oftmals in keinem Verhältnis zu den eingesparten Wohnkosten. Deshalb wollen Bündnis90/Die Grünen und die LINKE im Kreistag Hildesheim die Geschäftsanweisung dahingehend ändern lassen, dass vor etwaigen Aufforderungen zum Umzug bzw. der Senkung der Kosten der Unterkunft eine Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolgt. „Wenn sich die voraussichtlichen Kosten des Umzuges auf ca. das 24-fache der monatlich eingesparten Unterkunftskosten belaufen oder andere sachliche Gründe, wie eine bevorstehende Arbeitsaufnahme, dies sinnvoll erscheinen lassen, soll künftig von einer Aufforderung zum Umzug bzw. der Senkung der Kosten der Unterkunft abgesehen werden“, erläutert Schröter-Mallohn, Fraktionsvorsitzender der Grünen, den gemeinsamen Antrag beider Parteien zur Änderung der Geschäftsanweisung bei Kosten der Unterkunft. „Wir gehen davon aus, dass die damit verbundenen Mehrausgaben für das Jobcenter durch Einsparungen bei den Prozess- und Umzugskostenkosten mehr als kompensiert werden. Eine Win-Win Situation für den Landkreis und die Betroffenen.“

 

Lars Leopold von der Linksfraktion im Kreistag betont: „Weil Wohnen zu den  Grundrechten gehört, ist die Deckung der Wohnkosten bei Hartz-IV-Leistungsberechtigten eine Aufgabe der Jobcenter. Erkennt dieser die tatsächlichen Wohnkosten nicht als angemessen an, müssen die Betroffenen die Differenz aus den ohnehin zu knapp bemessenen Regelleistungen aufbringen. Sie müssen dann möglicherweise nicht erstattete Wohnkosten durch Einschränkungen bei anderen Ausgaben wie etwa beim Essen, Kleidung, sozialer Teilhabe oder Mobilität ausgleichen, um nicht etwa Mietschulden anzuhäufen oder perspektivisch gar aus der Wohnung zu fliegen. So wird die Armut durch Hartz–IV noch weiter verschärft. Hartz-IV-Beziehende haben zudem nicht immer die Möglichkeit, eben mal in eine billigere Wohnung in zulässiger Größe umzuziehen, da es diese Wohnungen oftmals gar nicht ausreichender Zahl gibt. Mit der von uns beantragten Regelung können nach entsprechender Wirtschaftlichkeitsprüfung die Mehrkosten durch das Jobcenter übernommen werden. Das entlastet nicht nur die Betroffenen Leistungsempfänger selbst, sondern hilft auch Kosten für Umzüge einzusparen. Darüber hinaus ließen sich viele Widersprüche und Klagen gegen Bescheide des Jobcenters vermeiden.“

Zu Besuch im Buntstifthaus

Am 31. Juli 2018 besuchten der Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Kreistag Joachim Sturm und Fraktionsgeschäftsführer Marian Hans das von der Gruppe Freiräume Hildesheim besetzte Gebäude und überbrachten auch vom im Urlaub weilenden Lars Leopold solidarische Grüße.

Beim gut einstündigen Besuch ließen sich Joachim Sturm und Marian Hans durch die umgenutzten Räume führen und sich deren neue Bestimmung zeigen. Dazu gab es einen Einblick in die Entstehung und Organisationsstruktur des Projekts sowie Gespräche mit neuen Nutzern, die sich als musizierender Gast aus Paris oder die malende Kulturschaffende von vor Ort vorstellten.

 

joachim-sturm-buntstifthaus1„Insbesondere das Gespräch im improvisierten Atelier hat mir vor Augen geführt, dass der Bedarf nach unkommerziell, selbstverwaltetem Raum für Kreativität und Freizeitgestaltung besteht“, zieht Joachim Sturm ein erstes Resümee.

joachim-sturm-buntstifthaus2

Aber auch die überwiegend jungen Aktiven für mehr Freiräume in Hildesheim hörten interessiert zu. So gab Joachim Sturm aus seiner über 50jährigen Erfahrung im politischen Kampf für gemeinwohlorientierte Strukturen den Ratschlag, für ihr Anliegen ein breites Bündnis zu schmieden: „Bindet die Gewerkschaften mit ein, geht auf die Parteien zu, die ähnliches Ansinnen in ihren Parteiprogrammen stehen haben und ladet weitere potentielle Verbündete konkret und direkt ein.“